BMW R 68

BMW

BMW R 68, Modell 1954: ein Exemplar, das ursprünglich in die USA exportiert wurde. Deutlich zu sehen: der Handschalthebel und die ungekapselte Kardanwelle
R 68
Hersteller BMW Motorrad
Verkaufsbezeichnung BMW R 68
Klasse Motorrad, Motorradgespann
Bauart Sporttourer
Motordaten
Hubraum (cm³) 594
Leistung (kW/PS) 26/35
Getriebe 4 Gänge
Antrieb Kardanantrieb
Radstand (mm) 1400
Nachfolgemodell BMW R 69

Die BMW R 68 ist ein Zweizylinder-Motorrad mit 600 cm³ Hubraum und 26 kW (35 PS) Nennleistung bei 7000 Umdrehungen pro Minute. Die Maschine wurde durch Leistungssteigerung aus ihrem 600-cm³-Schwestermodell R67 entwickelt. Die Serienausstattung unterstreicht die sportliche Note der R68 mit schmalem vorderen Schutzblech, das einen Versteifungsbügel zwischen den Gabelholmen notwendig machte, sowie durch das mit dem Sattel gekoppelte (und mit diesem aus- und einfedernde) Spezialsitzkissen, das sogenannte „Rennbrötchen“, über dem hinteren Schutzblech. Die nicht klappbaren Zusatzfußrasten waren nicht nur für (sporadischen) Soziusbetrieb gedacht, sondern ermöglichen auch dem Fahrer eine rennmäßigere Sitzposition.

Geschichte

Im Oktober 1951 zeigte der deutsche Motorradhersteller BMW auf der Frankfurter IFMA ein neues Hochleistungsmodell im Stil der Werksmaschine der Internationalen Sechstagefahrt.[1] Ein Spitzenmotorrad, eine 160-km/h-Maschine, der die Fachwelt schnell das Prädikat „100 Meilen Renner“ offerierte, denn sie war bei ihrem Serienanlauf im Sommer 1952 das erste deutsche Serienmotorrad, das die „100-Meilen-Grenze“ knackte.

BMW Motorräder wurden seit jeher sehr sorgfältig 'modellgepflegt': neben vielen Detailänderungen gab es drei größere 'Facelifts':

  • Mitte 1952 (verbesserte Vorderradgabel, Gummimanschetten)
  • 1953 (Knecht-Luftfilter und Seitenwagenanschluss)
  • Modell 1954, hergestellt ab September 1953 (Vollnabenräder, Leichtmetallfelgen und „Torpedo“-Schalldämpfer).

Im Januar 1955 wurden dann auf dem Brüsseler Salon als Nachfolgegeneration die Vollschwingenmodelle vorgestellt, deren Fahrwerke wieder das Niveau der Mitbewerber auf dem Weltmarkt erreichten.

Von der R 68 wurden zwischen 1952 und 1954, letztlich wegen ihrer Exklusivität und des hohen Anschaffungspreises von 3950 DM[2], nur 1452 Exemplare hergestellt.

  • Draufsicht des BMW R 68, Modell 1954
    Draufsicht des BMW R 68, Modell 1954
  • R 68 Boxermotor
    R 68 Boxermotor
  • BMW R 68, augenscheinlich mit veränderter Abgasführung
    BMW R 68, augenscheinlich mit veränderter Abgasführung
  • BMW R 68 (1954) mit Steib Seitenwagen (1951)
    BMW R 68 (1954) mit Steib Seitenwagen (1951)

Technische Beschreibung

Der Zweizylinder-Boxer-Viertakt-Motor ist längs eingebaut. Seine außen über den Zylindern in verchromten Schutzrohren laufenden Stoßstangen (OHV) betätigen die Kipphebel im Zylinderkopf, und diese die hängenden Ventile. Die Nockenwelle wird über einen im Ölbad laufenden Zahnradsatz von der Kurbelwelle angetrieben. Die Zahnrad-Ölpumpe befindet sich hinter dem vorderen Gehäusedeckel und wird von den Stirnrädern über eine Untersetzung angetrieben.

Obwohl der Motor der R68 rein optisch sehr den Tourenmodellen R51/3 und R67 (/2, /3) ähnelt, sind nahezu alle Teile gegenüber der Tourenversion angepasst. Die Verdichtung wurde mit neuen Sportkolben (mit nun 20 mm Kolbenbolzen) nur moderat von 5,6:1 auf 7,5–7,7:1 angehoben. Der Zylinderkopf wurde gänzlich neu entwickelt und besaß größere Kanäle und Ventile sowie eine stärkere Verrippung, auch der Zylinder wurde verändert, um die zwei zusätzlichen Befestigungsschrauben aufzunehmen. Auch der Ventiltrieb wurde überarbeitet, eine andere Nockenwelle (mit zusätzlichem vorderem Lager) steuert über robustere Stoßstangen die nun nadelgelagerten Kipphebel.[3] Zusammen mit den großen 26-mm-Bing-Vergasern konnte der Motor mit einer Spitzenleistung von 35 PS statt bisher 26 PS zur Serienreife gebracht werden. Um den vorzeitigen Ausfall der Hauptlager durch Biegeschwingungen der Kurbelwelle bei hohen Drehzahlen in Grenzen zu halten, wurde als hinteres Hauptlager ein Tonnenlager (mit leicht balligen Lagerrollen) eingebaut. Auf dem hinteren Kurbelwellenstumpf sitzt die schwere Schwungscheibe (mit im Schauloch einsehbarer Zündeinstellmarkierung), die die Einscheibentrockenkupplung aufnimmt. Auch die Kupplung unterscheidet sich von den Tourenmodellen durch eine dünnere Reibscheibe und kräftigere Federn, die Schwungscheibe ist aufgrund geänderter Zündmarkierungen gegenüber den Tourenmodellen geändert. Die Kupplung wird über ein Axiallager und eine Druckstange betätigt, die durch die hohle Getriebehauptwelle verläuft. Dieses Modell hat den klassisch geschwungenen verchromten Kickstarter-Hebel. Am Getriebe befindet sich auf der rechten Seite – entsprechend der auch 1969 noch gültigen deutschen Norm DIN 73005 – zusätzlich ein Handschalthebel; diese Handschalt-Möglichkeit wurde bei BMW letztmals bei den "Gradweg-Federungs"-Modellen eingesetzt und ermöglicht ein leichteres Finden der Leerlaufstellung. Die R 68 hat, wie die schwächeren Schwestermodelle R 51/3 und R 67/2, eine rechtsdrehende Kardanwelle mit außen liegendem Tellerrad am Kardanantrieb; bei den Nachfolgemodellen wurde die Kardandrehrichtung aufgrund des nun verwendeten 3-Wellen-Getriebes geändert.

Die BMW R 68 hat eine automatische Zündverstellung über einen Fliehkraftregler. Bei schlechten Kraftstoffqualitäten neigte der hochverdichtete Motor jedoch zum Kraftstoffklingeln („Motorklingeln“). Daher wurde die R 68 noch zusätzlich mit einer manuellen Verstellung der Zündung ausgerüstet: auf dem linken Lenkergriff befindet sich der Zündverstellhebel. Mit ihm kann der Zündzeitpunkt (Winkel vor Erreichen des oberen Totpunktes) manuell verstellt werden. Bei heutigen Kraftstoffen ist eine manuelle Korrektur des Zündzeitpunktes jedoch nicht mehr nötig.

Der Zweizylinder-Boxer-Motor der BMW R 68 ist mit 2 Bolzen im Doppelschleifenrahmen befestigt. Auf dem vorderen Kurbelwellenstumpf sitzt hinter einem Gehäusedeckel die spritzwasserdicht gekapselte Gleichstrom-Lichtmaschine mit Laderegler. Der Bleiakkumulator sitzt ungekapselt auf einem Halter links hinter dem Getriebe.

Die Anpassungen des Fahrwerks an die hohe Motorleistung fielen übersichtlich aus. Man beschränkte sich auf die Entwicklung spezieller Auswuchtgewichte und geeignete Sportbereifung für die Laufräder. Sobald die Motorleistung der Sportmaschine voll genutzt wurde, machte sich die nicht angepasste Fahrwerkstechnik als Schwachpunkt der Maschine nachteilig bemerkbar. Im Vergleich zum internationalen Wettbewerb hatte die schnelle und sehr teure BMW immer noch keine Schwinge und verlor mit einer vollkommen unzulänglichen Geradewegfederung am Hinterrad bei schlechten Straßen leicht den Bodenkontakt. Diese nunmehr unverkennbare Fahrwerksschwäche im Zusammenspiel mit dem leistungsstarken Motor brachte BMW viel Kritik ein.

Die beiden Vergaser sind Bing-Schwimmerkammervergaser mit konischer Nadel im Rundschieber (Bezeichnung: 1/26/9 und 1/26/10). Das Nass-Luftfilterelement sitzt auf dem Getriebegehäuse. Luftfilter und Vergaser sind durch verchromte Saugrohre ohne äußere Gummielemente verbunden. Der Luftfilter ist ein mit Öl benetztes Stahlnetz, an dem der Staub sich beim Ansaugen der Luft festsetzt, und das zur Wartung auszuwaschen ist.

Der Antriebsstrang hat am Getriebeausgang eine schwarze textilverstärkte Gummi-Vierlochscheibe (Hardyscheibe), die am Zweifingerflansch des Getriebes aufgeschoben ist. Sie überträgt das Drehmoment der Getriebeausgangswelle auf die Zweifingeraufnahme der Kardanwelle. Die Hardyscheibe ist mit einem verchromten Ring umreift.

Die nicht gekapselte, verchromte Kardanwelle für den Hinterradantrieb ist mit einem Kardangelenk am Winkelgetriebe im Alugusskorpus befestigt. Das Umlenkgetriebe ist ein Kegelradgetriebe mit 90° Umlenkung. Die Zahnräder laufen in einem speziellen Schwergetriebeöl für hohe Flankenpressungen (Hypoidöl).

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Welzel, Peter Bohn, Elmar Schmelz: BMW R51/2 bis R 68. Bodensteiner Verlag, Wallmoden 2019, ISBN 978-3-9816013-5-0.

Weblinks

Commons: BMW R68 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • BMW R 68. In: BMW Geschichte. BMW AG, abgerufen am 1. Juli 2016 (Dossier des BMW Group Archivs). 
  • Handbuch Motorräder R 51/3, R 67/2, R 68. In: BMW Geschichte. BMW AG, Juli 1952, abgerufen am 3. Juli 2016 (Handbuch mit Bildern, 51 Seiten). 
  • Ersatzteilliste BMW Motorrad R 68. In: BMW Geschichte. BMW AG, Juni 1953, abgerufen am 3. Juli 2016 (Ersatzteilliste mit Bildern, 50 Seiten). 

Einzelnachweise

  1. Vorstellung der BMW R 68 und der R 25/2 auf der IFMA in Frankfurt. In: BMW Geschichte. BMW AG, Oktober 1951, abgerufen am 9. Januar 2019 (Dokument im BMW Group Archiv): „Auf der Frankfurter IFMA präsentiert BMW mit der 160 km/h schnellen R 68 den ersten deutschen "100-Meilen-Renner".“ 
  2. Preisliste Nr. 2/1951. In: BMW Geschichte. BMW AG, Oktober 1951, abgerufen am 9. Januar 2019 (Dokument im BMW Group Archiv). 
  3. Von der R 67 zum schnellsten deutschen Serienmotorrad BMW R 68. In: Automobiltechnische Zeitschrift. 10/1952, S. 235–236.
V
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V
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Vorkriegszeit
Einzylinder

R 39R 2R 3R 4R 35R 20R 23R 36 (Prototyp)

Boxer

R 32R 37R 42R 47R 52R 57R 62R 63R 11R 16R 7 (Prototyp)R 12R 17R 5R 6R 51R 61R 66R 71WR 750 (Rennmotorrad)RS 500 Kompressor

Zweiter Weltkrieg

R 75 Gespann (Wehrmachtsgespann)

Nachkriegszeit

R 10 (Prototyp) • R 24R 25R 25/2R 25/3R 51/2R 51/3R 67/2 • R 68

Vollschwingen-BMW
1955–1969

R 26R 27R 50RS 54 (Rennmotorrad)R 60R 69R 50/2R 60/2R 50 SR 69 S

„Strich-Fünfer“
1969–1973

R 50/5R 60/5R 75/5

„Strich-Sechser“
1973–1976

R 60/6R 75/6R 90/6R 90 S

„Strich-Siebener“
1976–1985

R 60/7R 75/7R 80/7R 100/7R 100 SR 100 RSR 100 RTR 100 CS

„Kleine“ Zweiventil-Boxer
1978–1985

R 45R 65R 65 SR 65 GS

Zweiventil-Boxer
1980–1997
Vierventil-Boxer (1. Generation)
1993–2006

R 850 GSR 850 RTR 850 R / R ComfortR 850 CR 1100 RR 1100 RSR 1100 SR 1100 GSR 1100 RTR 1150 RTR 1150 RR 1150 R RocksterR 1150 RSR 1150 GSR 1150 GS AdventureR 1200 CR 1200 CL

Vierventil-Boxer (2. Generation)
2004–2013

R 1200 SR 1200 STR 1200 GSR 1200 GS AdventureR 1200 RR 1200 RT

Vierventil-Boxer (R nineT)
2014-2023

R nineTR nineT PureR nineT ScramblerR nineT RacerR nineT Urban G/S

Wasser-Boxer (1. Generation)
2013–2019

R 1200 GSR 1200 GS AdventureR 1200 RTR 1200 R

F- und G-Baureihe
seit 1993
K-Baureihe (Reihenmotor)
seit 1983
Dreizylinder

K 75K 75 CK 75 SK 75 RT

Vierzylinder

K 100K 100 RSK 100 RTK 100 LT • K 1 • K 1100 LTK 1100 RSK 1200 GTK 1200 LTK 1200 RK 1200 R SportK 1200 RSK 1300 GTK 1300 SK 1300 R

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R 10 (Prototyp)C1 125C1 200C 600 SportC 650 GTC Evolution