Friedrich Ferdinand von Beust

Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust um 1860

Friedrich Ferdinand Graf von Beust (auch: Ferdinand Beust) (* 13. Januar 1809 in Dresden; † 24. Oktober 1886 auf Schloss Altenberg, bei St. Andrä-Wördern) war ein Staatsmann im Königreich Sachsen und in der Habsburgermonarchie. Er war sächsischer Außen-, Kultus- und Innenminister sowie von 1858 bis 1866 Vorsitzender des Gesamtministeriums (Regierungschef). Von 1866 bis 1871 war Beust österreichischer Außenminister sowie von 1867 bis 1871 Vorsitzender des Ministerrats für gemeinsame Angelegenheiten (Reichskanzler) Österreich-Ungarns. Als Gegenspieler von Bismarck versuchte er, eine gemeinsame Politik der deutschen Mittelstaaten zwischen Österreich und Preußen zustande zu bringen.

Leben

Kladderadatsch-Karikatur mit Beust, Bismarck und dessen sprichwörtlichen drei Haaren (1868)

Friedrich Ferdinand von Beust entstammte dem altmärkischen Adelsgeschlecht Beust. Er studierte von 1826 bis 1830 Rechts- und Staatswissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen und der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin. Danach trat er in den diplomatischen Dienst des Königreiches Sachsen. Er wurde 1836 Legationssekretär in Berlin und 1838 in Paris, 1841 Geschäftsträger in München, 1846 Ministerresident in London und 1848 Gesandter in Berlin.[1]

Beust war von 1849 bis 1866 sächsischer Außenminister, von 1849 bis 1853 zugleich Kultusminister sowie von 1853 bis 1866 zugleich Innenminister. Zusätzlich amtierte er vom 25. Oktober 1858 bis zum 15. August 1866 als Vorsitzender des Gesamtministeriums des Königreiches Sachsen, galt aber schon vor 1858 als maßgebendes Mitglied des Kabinetts. Den Dresdner Maiaufstand ließ er 1849 mit Hilfe preußischer Truppen niederschlagen. Mit Preußen und Hannover schloss er das Dreikönigsbündnis. Da sich Bayern und Württemberg nicht anschlossen, wandte sich Beust von Preußen ab und Österreich zu.[2] In dieser Zeit gewann er entscheidenden Einfluss auf König Johann I.

Beust sah sich als Pendant zum preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck, obwohl Sachsen weder politisch noch militärisch oder wirtschaftlich eine mit Preußen vergleichbare Großmachtposition besaß. Auf den Würzburger Konferenzen arbeitete er an einer gemeinsamen Politik der Mittelstaaten und legte auch einen eigenen Plan zur Reform des Deutschen Bundes vor. 1864 war Beust Vertreter des Bundes auf der Londoner Konferenz zur Beendigung des Deutsch-Dänischen Krieges.

1866 führte er Sachsen an der Seite Österreichs in den Deutschen Krieg. Nach der Niederlage in der Schlacht von Königgrätz schied er auf Wunsch Bismarcks aus dem sächsischen Dienst aus und ging nach Österreich.

Beust war vom 30. Oktober 1866 bis 1871 österreichischer bzw. österreichisch-ungarischer Außenminister, ab dem 7. Februar 1867, vor Abschluss des Ausgleichs mit Ungarn, bis zum Ende des Jahres auch österreichischer Ministerpräsident. Als dieser führte er im Februar 1867 den Ausgleich mit Ungarn durch und leitete die konstitutionelle Verfassung ein. Er führte ab dem 23. Juni 1867 zusätzlich zur Funktion des k.u.k. Außenministers auch den Titel des Reichskanzlers.[2] Nach seinem Ausscheiden erlosch diese Amtsbezeichnung.

Nach seiner Entlassung als Außenminister und Reichskanzler am 8. November 1871 wurde er Botschafter in London und von 1878 bis 1882 in Paris. Sein Nachfolger als k.u.k. Außenminister wurde Graf Gyula Andrássy. 1882 zog er sich ins Privatleben zurück.

Familie

Beusts Grab am Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf

Als Mitglied der adeligen Familie Beust führte Friedrich Ferdinand von Beust den Adelstitel Freiherr. 1868 wurde er in den Grafenstand erhoben. Seine Eltern waren der Oberhofgerichtsrat Friedrich Karl Leopold Freiherr von Beust (1779–1845) und dessen Ehefrau Erdmuthe Wilhelmine von Carlowitz (1774–1854).

Sein älterer Bruder Friedrich Constantin von Beust war Oberberghauptmann in Sachsen und Generalinspektor der Bergwerke in Cisleithanien.

Friedrich Ferdinand von Beust heiratete 1843 Mathilde Freiin von Jordan (1817–1886), die Tochter des bayrischen Generalleutnants Wilhelm Friedrich von Jordan und seiner Frau Violanda geb. Gräfin von Sandizell.[3] Sie bekamen eine Tochter, Marie (1845–1926), die 1863 in Dresden den späteren sächsischen Finanzminister Léonce Freiherr von Könneritz heiratete, sowie drei Söhne: Friedrich, Heinrich (* 1855) und Adolph (* 1848).[4]

Beusts Grab liegt auf dem Evangelischen Friedhof Matzleinsdorf (Gruft 10, rechts) in Wien. Seine am 13. Dezember 1886 in Dresden verstorbene Frau Mathilde wurde auf dem alten Friedhof von Dresden-Friedrichstatt begraben.

Schriften (Auswahl)

  • Erinnerungen zu Erinnerungen. Verlag Wöller, Leipzig 1881.
  • Aus drei Viertel-Jahrhunderten. 2 Bände. Verlag Cotta, Stuttgart 1887 (Digitalisat. Band 1); (Digitalisat. Band 2)
  • Oesterreichs Neutralitäts-Politik, und das künftige Verhältniss der österreichisch-ungarischen Monarchie zu Deutschland. Verlag Ludwig Aigner, Pest 1870 (hdl:2027/hvd.hnmfsh).

Literatur

  • Beust Friedrich Ferdinand. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 79 f. (Direktlinks auf S. 79, S. 80).
  • Bernhard ErdmannsdörfferBeust, Friedrich Ferdinand Freiherr, später Graf von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 46, Duncker & Humblot, Leipzig 1902, S. 494–532.
  • Jonas Flöter: Beust, Friedrich Ferdinand Freiherr (seit 1868 Graf) von. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
  • Jonas Flöter: Beust und die Reform des Deutschen Bundes 1850–1866. Sächsisch-mittelstaatliche Koalitionspolitik im Kontext der deutschen Frage (=Geschichte und Politik in Sachsen, Band 16). Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2001.
  • Josef Matzerath: Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust. Diskretion und Dissens in der Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Ewald Grothe (Hrsg.): Konservative deutsche Politiker im 19. Jahrhundert. Wirken – Wirkung – Wahrnehmung, Historische Kommission für Hessen, Marburg 2010, S. 105–123.
  • Hellmuth RößlerBeust, Friedrich Ferdinand Frhr., Graf von (seit 1868). In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 198–200 (Digitalisat).
  • Helmut Rumpler: Die deutsche Politik des Freiherrn von Beust 1848–50. Zur Problematik mittelstaatlicher Reformpolitik im Zeitalter der Paulskirche. Wien 1972.
  • Constantin von Wurzbach: Beust, Friedrich Ferdinand Graf. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 22. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1870, S. 482 f. (Digitalisat).
  • Gothaisches genealogisches Taschenbuch der gräflichen Häuser. 1874, S. 88f.
  • Friedrich Wilhelm Ebeling, Friedrich Ferdinand, Graf von Beust: Sein Leben und vornehmlich staatsmännisches Wirken, Band 1http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3DaQtVAAAAcAAJ~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3DBand%201~PUR%3D, Band 2http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3De2pOhO4nMj8C~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3DBand%202~PUR%3D

Weblinks

Commons: Count Friedrich Ferdinand von Beust – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Literatur von und über Friedrich Ferdinand von Beust im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Literatur von und über Friedrich Ferdinand von Beust in der Sächsischen Bibliografie
  • Eintrag zu Friedrich Ferdinand von Beust im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
  • Jonas Flöter: Friedrich Ferdinand von Beust im Visier seiner politischen Gegner – zur Entstehung eines Negativ-Bildes in der Geschichtsschreibung. Redemanuskript, 2001.

Einzelnachweise

  1. Biografie. Archiv für Geschichte und Soziologie in Österreich, uni-graz.at
  2. a b Friedrich Ferdinand von Beust. In: Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE). 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Band 1: Aachen–Braniß. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-094657-2, S. 627–628. 
  3. Josef Matzerath: Adelsprobe an der Moderne. Sächsischer Adel 1763 bis 1866. Entkonkretisierung einer traditionalen Sozialformation. Verlag Steiner, Stuttgart 2006, ISBN 3-515-08596-3, S. 245.
  4. heiratete 1897 Elisabeth von Könneritz (* 1871)

Königreich Sachsen: Bernhard von Lindenau | Julius Traugott von Könneritz | Karl Braun | Gustav Friedrich Held | Ferdinand von Zschinsky | Friedrich Ferdinand von Beust | Johann Paul von Falkenstein | Richard von Friesen | Alfred von Fabrice | Karl von Gerber | Hans von Thümmel | Rudolf Schurig | Georg von Metzsch-Reichenbach | Konrad Wilhelm von Rüger | Victor Alexander von Otto | Max von Hausen | Heinrich Gustav Beck | Rudolf Heinze

Freistaat Sachsen: Richard Lipinski | Georg Gradnauer | Wilhelm Buck | Erich Zeigner | Rudolf Heinze | Alfred Fellisch | Max Heldt | Wilhelm Bünger | Walther Schieck

Sachsen in der NS-Zeit: Manfred von Killinger | Martin Mutschmann

Sachsen in der SBZ/DDR: Rudolf Friedrichs | Max Seydewitz

Freistaat Sachsen: Kurt Biedenkopf | Georg Milbradt | Stanislaw Tillich | Michael Kretschmer

Königreich Sachsen: Johann Christian Müller | Hans Georg von Carlowitz | Eduard von Wietersheim | Ludwig von der Pfordten | Gustav Friedrich Held | Friedrich Ferdinand von Beust | Johann Paul von Falkenstein | Karl von Gerber | Paul von Seydewitz | Richard von Schlieben | Heinrich Gustav Beck | Alfred von Nostitz-Wallwitz

Freistaat Sachsen: Wilhelm Buck | Richard Seyfert | Hermann Fleißner | Friedrich Kaiser | Wilhelm Bünger | Walther Schieck

Sachsen in der NS-Zeit: Georg Gerullis | Wilhelm Hartnacke | Arthur Göpfert

Sachsen in der SBZ/DDR: Kurt Fischer | Erwin Hartsch | Helmut Holtzhauer | Hans Riesner

Freistaat Sachsen: Stefanie Rehm | Friedbert Groß | Matthias Rößler | Karl Mannsfeld | Steffen Flath | Roland Wöller | Brunhild Kurth | Frank Haubitz | Christian Piwarz

Sächsische Innenminister

Königreich Sachsen: Bernhard von Lindenau | Hans Georg von Carlowitz | Eduard von Nostitz und Jänckendorf | Johann Paul von Falkenstein | Ferdinand Zschinsky | Martin Gotthard Oberländer | Albert Christian Weinlig | Richard von Friesen | Friedrich Ferdinand von Beust | Hermann von Nostitz-Wallwitz | Georg von Metzsch-Reichenbach | Wilhelm von Hohenthal | Christoph Johann Friedrich Vitzthum von Eckstädt | Walter Koch

Freistaat Sachsen: Richard Lipinski | Georg Gradnauer | Karl Otto Uhlig | Otto Kühn | Richard Lipinski | Hermann Liebmann | Max Müller | Julius Dehne | Willibalt Apelt | Friedrich Wilhelm Richter

Sachsen in der NS-Zeit: Manfred von Killinger | Karl Fritsch

Sachsen in der SBZ/DDR: Kurt Fischer | Wilhelm Zaisser | Artur Hofmann

Freistaat Sachsen: Rudolf Krause | Heinz Eggert | Klaus Hardraht | Horst Rasch | Thomas de Maizière | Albrecht Buttolo | Markus Ulbig | Roland Wöller | Armin Schuster

Ministerpräsidenten Cisleithaniens in Österreich-Ungarn

Friedrich Ferdinand von Beust | Karl von Auersperg | Eduard Taaffe | Ignaz von Plener | Leopold Hasner von Artha | Alfred Józef Potocki | Karl Sigmund von Hohenwart | Ludwig von Holzgethan | Adolf von Auersperg | remayr | Eduard Taaffe | Alfred III. zu Windisch-Grätz | Erich von Kielmansegg | Kasimir Felix Badeni | Paul Gautsch von Frankenthurn | Franz von Thun und Hohenstein | Manfred von Clary und Aldringen | Heinrich von Wittek | Ernest von Koerber | Paul Gautsch von Frankenthurn | Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst | Max Wladimir von Beck | Richard von Bienerth-Schmerling | Paul Gautsch von Frankenthurn | Karl Stürgkh | Ernest von Koerber | Heinrich Clam-Martinic | Ernst Seidler von Feuchtenegg | Max Hussarek von Heinlein | Heinrich Lammasch

Siehe auch: Liste der Ministerpräsidenten Österreich-Ungarns (1867–1918)
Ministerium Taaffe I (1868–1870)

Eduard Taaffe

Johann Nepomuk Berger | Friedrich Ferdinand von Beust | Rudolf Brestel | Carl Giskra | Leopold Hasner von Artha | Eduard Herbst | Ignaz von Plener | Alfred Józef Potocki

Ignaz von Plener

Johann Nepomuk Berger | Friedrich Ferdinand von Beust | Rudolf Brestel | Carl Giskra | Leopold Hasner von Artha | Eduard Herbst | Eduard Taaffe

Ministerium Potocki (1870–1871)

Alfred Józef Potocki

Friedrich Ferdinand von Beust | Karl Distler | Ludwig von Holzgethan | Alexander von Petrino | Sisinio von Pretis-Cagnodo | Karl von Stremayr | Eduard Taaffe | Adolf von Tschabuschnigg | Victor Widmann-Sedlnitzky

Karl Sigmund von Hohenwart

Friedrich Ferdinand von Beust | Kazimierz von Grocholski | Karel Habětínek | Ludwig von Holzgethan | Josef Jireček | Albert Schäffle | Heinrich von Scholl

Ludwig von Holzgethan

Friedrich Ferdinand von Beust | Karl Fidler | Kazimierz von Grocholski | Georg von Mitis | Ludwig von Possinger | Heinrich von Scholl | August von Wehli | Otto von Wiedenfeld

VorgängerAmtNachfolger
k.u.k. Außenminister
30. Dez. 1867 – 8. Nov. 1871
Gyula Andrássy
Franz Karl Beckek.u.k. Finanzminister (interim.)
15. Jän. 1870–21. Mai 1870
Menyhért Lónyay
Rudolph Apponyi von Nagy-ApponyÖsterreichisch-ungarischer Botschafter im Vereinigten Königreich
1871–1878
Alajos Károlyi
Felix von WimpffenÖsterreichisch-ungarischer Botschafter in Frankreich
1878–1882
Felix von Wimpffen (2.)
Normdaten (Person): GND: 118510444 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n85138716 | VIAF: 64232009 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Beust, Friedrich Ferdinand von
ALTERNATIVNAMEN Beust, Friedrich Ferdinand Freiherr von; Beust, Friedrich Ferdinand Graf von
KURZBESCHREIBUNG sächsischer und österreichischer Politiker
GEBURTSDATUM 13. Januar 1809
GEBURTSORT Dresden
STERBEDATUM 24. Oktober 1886
STERBEORT Schloss Altenberg (Niederösterreich)